Kurzkommentar: Echt jetzt!?

Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber ich möchte mich nicht in Nichtssagendem verzetteln. (Obwohl ich auch gern zwischendurch mal mit was Blödsinnigem abschalte ;-)). Für introvertierte Literaturnerds wird es zunehmend schwieriger, sichtbar zu bleiben, aber ich könnte mir vorstellen, dass das nicht nur uns betrifft: Ständige Reizüberflutung kann für niemandem förderlich sein.

Manche Menschen brauchen Gamifizierung und rasche Bildwechsel als Anregung wie die Luft zum Atmen, andere wünschen sich Kurzvideos, weil rasche Resultate sie glücklich machen; für wiederum andere aber bedeuten Zusammenhänge und Details das tägliche Brot, und eine vierte Veranlagung benötigt Struktur und stellt klare Linien dar. All das – und jede andere weitere empirisch belastbare Veranlagung – ist berechtigt!

Die sozialen Medien jedoch sind so strukturiert, dass zwei der oben genannten Gruppen sie nicht voll ausnutzen können. Das ist schade, denn es könnte anders sein. Ich wünsche mir, dass es uns gelingt, jede Gruppe zu Wort kommen zu lassen. Wir haben als Menschheit Wege zu finden, die uns auf diesem Planeten ein sinnvolles Weiterleben ermöglichen – und dafür ist jede Stimme relevant.

Für Indie-AutorInnen stellt sich hier ein besonderes Problem: Die Unabhängigkeit vom Verlag bietet die Möglichkeit, das Buch unabhängig von gängigen Markt- und Genrevorstellungen zu gestalten. Damit diese Werke bekannt werden, muss man aber die sozialen Medien bedienen – und zwar täglich, und in knapper Form. Diese Kurzformen kann man individuell auf die eigene Zielgruppe anpassen, aber ich bemerke dennoch zunehmend, dass das Denken in Schlagworten die ursprünglichen Texte zur Unkenntlichkeit verkürzt. Es wird dem Anspruch nicht gerecht, den ich an mich und meine Arbeit habe. Und es stiehlt mir die Zeit und die Muße, die ich zum Schreiben benötige.

Es fällt in diesem rasenden Tempo zunehmend schwerer, Geschichten oder auch Gegebenheiten des Lebens bis zur vollen Tiefe zu erfassen. Wie damit umzugehen ist, weiß ich noch nicht, aber vielleicht ist hier ja auch eher die Gesellschaft als Ganzes gefragt.

Literatur in Scheibchen: Caine und die Priesterin

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Während ich weiter am “Fencheltee” werkele, möchte ich meinen LeserInnen wöchentlich einen Abschnitt aus “Caine und die Priesterin” (2009) bieten. Der philosophisch-theologisch-spirituelle Kriminalroman (Genreschubladen sind bekanntermaßen nicht so meins) bietet Einblicke in vielerlei Themen von Shaolin-KungFu und Traditioneller Chinesischer Medizin über einen kurzen Abstecher in Bioethik bis hin zu katholischem Kirchenrecht, und natürlich kommt auch die Romantik nicht zu kurz.

Ein notwendiger DISCLAIMER: Der Roman gehört in den Bereich der Fan Fiction; das Setting und eine Reihe der Hauptpersonen habe ich der Fernsehserie “KungFu: Im Zeichen des Drachen” aus den 90er Jahren entnommen, die wiederum auf der Fernsehserie “KungFu” aus den 70er Jahren fußt. Es ist keinerlei Urheberrechtsverletzung intendiert. Der Roman ist nicht käuflich zu erwerben. Sämtliche Rechte für die “geborgten” Figuren, die Apotheke, das Polizeirevier usw. verbleiben bei Michael Sloane, Ed Spielman und allen weiteren Rechteinhabern.

Fragmente

Ich habe mich von einigen meiner Romancharaktere inspirieren lassen und ein paar ihrer Gedanken oder Erlebnisse in kürzere Formen gegossen.

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1. Ich mach das anders

Das Kind, das im Garten aufgewachsen ist, weiß, dass Regenwürmer weiterleben, wenn man sie versehentlich auseinanderreißt. Es weiß aber auch, dass Regenwürmer sterben, wenn man auf sie tritt. Deshalb hat es sich entschlossen, nicht auf Regenwürmer zu treten. Es will aber auch vermeiden, sie versehentlich zu zerreißen.Als ein Freund zu Besuch kommt, gehen die beiden natürlich in den Garten. Es hat geregnet, und es macht Spaß, in den Pfützen herumzutollen. Der Freund patscht nach Herzenslust mit seinen dicken Gummistiefeln herum – in der Pfütze, aber auch außerhalb. Auch auf einen Regenwurm. Und der Freund entdeckt, dass man Zielspringen üben kann.

Das Kind, das im Garten aufgewachsen ist, spürt, wie sein Kopf sich zurückbewegt, weil es so erschrocken ist. Es wird sehr traurig. Und dann wird es wütend. Wie kann sein Freund – sein Freund! – so etwas tun? Das Kind stapft in seinen dicken Gummistiefeln durch den Matsch auf seinen Freund zu. Es öffnet den Mund.

„Lass das bitte“, sagt es. „Wir tun so etwas nicht.“
Der Freund zuckt mit den Achseln und hört auf.
Daraufhin springen sie noch ein bisschen in den Pfützen herum, dann gehen sie ins Haus und trinken warmen Kakao.

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